01 Oct
01Oct

Alle Jahre wieder bieten die Fernsehanstalten zur Weihnachtszeit Wiederholungen, auf die man schon wartet und sich darauf freut. Man nimmt sich die Zeit und gönnt sich vielleicht den großartigen Schinken „Vom Winde verweht“ oder wieder einmal den Untergang der Titanic. Miss Marple und Heinz Rühmann begegnen uns sowie Asterix und Obelix. André Rieu spielt auf. Schwieriger wird es für mich bei Verfilmungen mit Harry Potter. Der einzige Vorteil der Bücher scheint gewesen zu sein, dass viele, viele Kinder und Jugendliche sich damit zum Lesen umfangreicherer „Literatur“ bequemten. Ähnlich verhält es sich mit der Endlosschmonzette „Der Herr der Ringe“. Für solche Bücher oder deren Verfilmungen ist mir die Zeit zu schade. Die Filme „Der Tiger von Eschnapur“ und „Das indische Grabmal“ sind mehr und mehr aus dem weihnachtlichen Zentrum entschwunden. Spitzenreiter dagegen zur Weihnachtszeit dürfte seit Jahren „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ sein. Der Film ist erstaunlich gut aufgebaut. Das „Blut ist im Schuh“ des grimmschen Originals wird vermieden. Der Prinz trägt durch einen lustigen Schuss mit seiner Armbrust eigentlich selbst zu seinem Glück bei. Es ist wie immer das Kennzeichen einer guten Verfilmung, dass man sie, wenn man sie öfter sieht (also etwa jährlich einmal), gut verkraftet. Überhaupt spielen Märchen zur Weihnachtszeit eine große Rolle. Leider gibt es auch den Abklatsch davon wie in dem Film „Das letzte Einhorn“. Einen bleibenden Sinn konnte ich darin nicht finden, obwohl er seit seinem Erscheinen 1982 immer wieder hoch gepriesen wurde und ein internationaler Kassenschlager gewesen zu sein scheint. Für Freunde der Zeichentrickfilme mag es ein Meilenstein sein. Die Verbindung mit einer Art Musical erschloss vermutlich neue Fans, wie ja heutzutage alles, was neu ist, als letzter Schrei zunächst laut von sich reden macht, aber bald verstummt. Irgendwann war es auch neu, dass Regisseure versuchten, die Gefühle der Zuschauer auf Mitleiden mit dem Hässlichen zu programmieren. Relativ harmlos war noch „Die Schöne und das Biest“. Oder man drehte das Märchenhafte einfach um ins Garstige wie in „Der Grinch“ (USA 2000).


  Wie „Das letzte Einhorn“ ebenfalls 1982 entstanden, rührte ein hässliches Monster Generationen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu Tränen. Es war ein Meisterstück der Gefühlsmanipulation durch den Regisseur Spielberg: „E.T. – Der Außerirdische“. Im Zentrum steht das Heimweh eines unförmigen bräunlichen Wesens. Wer es sieht, erschrickt zunächst. Aber übergroße Augen, dazu Nase und Mund verleihen menschenähnliche Züge, besonders die hässlichen, aber feinfühligen Finger. Plötzlich geschieht ein Wunder. Der kleinste Junge von E.T.s Gastfamilie schneidet sich an dem Zacken eines Kreissägeblattes in den Finger, dass es blutet. Der Außerirdische berührt die Stelle mit der kurz leuchtenden Spitze seines Fingers und die Wunde verschwindet. Weiterhin gelingt es den Kindern, sich zusammen mit E.T. auf ihren Fahrrädern in die Luft zu erheben. Nachdem er mit wenigen menschlichen Worten sein Heimweh und sein Ziel deutlich gemacht hat: „E.T. nach Hause telefonieren!“, zerfließen die Filmkonsumenten vor Mitleid in Tränen.


  In unserer Zeit, in der gelegentlich ein religiös völlig unbedarftes Kind von der Schule nach Hause kommt und seinen religiös gänzlich unbeleckten und daher entsetzten Eltern verstört berichtet: „In der Schule hängt an der Wand ein blutender Mann.“, gelingt es der Regie durch E.T. Tränen der Rührung hervorzurufen, während Jesus am Kreuz Abscheu und Aufregung verursacht. Schulleiter und Ministerien werden bemüht, die für Kinder verwirrenden Kreuze zu entfernen, um Traumata zu vermeiden. Manche schwimmen nur auf dieser Welle, weil es in ist. Aber eine Regie, der jedes Mittel recht ist, geht sogar noch weiter:     


 Zunächst versteckt und geschützt vor den Erwachsenen durch die Kinder, gerät E.T. doch in die Fänge der Wissenschaft. Er wird isoliert und untersucht. Allen, die mit ihm in Berührung kamen und irgendwie kontaminiert sein könnten, geschieht das Gleiche. Schließlich stirbt E.T. vermutlich durch unsachgemäße Behandlung. Schrecken und seelischer Schmerz aber halten nicht lange. Eine Art Auferstehung findet statt: E.T. beginnt von Innen zu leuchten. Längst hatte er ja mittels einer selbstgebastelten Antenne Verbindung zu seinen Angehörigen im Weltall aufgenommen. Wieder wird mithilfe von Fahrrädern geflogen, um Polizei und Sanitäter abzuhängen. Das Raumschiff ist gelandet. Es muss geschieden sein. In den Abschiedsschmerz hinein versichert E.T. in Anlehnung an Matthäus 28, 19 seinem terrestrischen Freund: „Ich bin immer bei Dir.“ Mit weit gebogenem Schweif fährt das Raumschiff wie ein Komet ins All.


  Widerlich, einfach widerlich werden hier Motive aus dem Neuen Testament missbraucht, um den Erfolg eines Filmes zu garantieren und weltweit in bare Münze zu verwandeln. Leider sind unendlich viele Menschen auch in Deutschland schon soweit von christlichen Inhalten entfernt, dass sie diese pseudoreligiösen Zusammenhänge nicht mehr wahrnehmen können.

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