16 Oct
16Oct

Jeden Januar jährt sich seit 2015 der Terroranschlag gegen das Pariser Satiremagazin „CHARLIE HEBDO“. Das Gedenken wird jährlich etwas geringer. Die Erinnerung lässt nach. Die Überlebenden beruhigen sich. Angehörige und Freunde nicht so leicht. Fremde sind längst zur Tagesordnung übergegangen. Die Demonstrationen sind verebbt. Eine Gedenktafel am ersten Jahrestag. Selbst der derzeitige Präsident Macron, von dem man an Intellektualität und stabiler Emotionalität einiges erwartet hat, legte zum dritten Jahrestag immerhin noch einen Kranz nieder. Wofür wurde denn anfangs so heftig demonstriert? Auf Plaketten und T-Shirts war hunderttausendfach zu lesen: „Je suis  bis heute nicht.

  Wenn es denn stimmt, was der Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“, Tim Wolff,

damals so kühn von sich gab: „Satire ist ein Menschenrecht.“, dann ist bei „Charlie Hebdo“, dem Satiremagazin, das keine Tabus respektiert, grenzenlose Bosheit ein  Menschenrecht. Die eineinhalb Millionen Menschen, die in Paris unter Führung zweit- und drittklassiger Politiker – vorneweg Francois Hollande und Angela Merkel – demonstrierten, setzten sich dann nicht nur für die Presse- und Meinungsfreiheit ein, sondern auch für ein Recht auf grenzenlose Bosheit. Falls es aber kein Menschenrecht auf grenzenlose Bosheit gibt, missbrauchen Leute, die mit Wissen und Willen sogar noch (haupt-) beruflich boshaft sind und damit zu allem Überfluss ihren Lebensunterhalt verdienen, die Freiheit, die Gleichheit und speziell die Brüderlichkeit. Es müsste dann aber auch für jeden der gnadenlosen Satiriker wie die damals getöteten Charlie Hebdo-Journalisten ohne weiteres geschluckt werden, einen Grabspruch frei nach Wilhelm Busch zu akzeptieren:                        

„Die Bosheit war sein Hauptpläsier,

drum“, spricht der IS, „liegt er hier.“

Anstatt für „Charlie Hebdo“ zu demonstrieren und sich solidarisch zu erklären, könnten wir an Matthias Claudius denken und den Satz aus dem Brief an seinen Sohn Johannes: „Sitze nicht, wo die Spötter sitzen, denn sie sind die elendesten unter den Kreaturen.“

  Warum ist Religion überhaupt und insbesondere der Islam so anfällig für Spott? Arthur Schopenhauer drückte dies für seine Zeit (um 1830) so aus: „Was für ein schlechtes Gewissen die Religion haben muß, ist daran zu messen, dass es bei so schweren Strafen verboten ist, über sie zu spotten.“ Derartige Strafen sind heutzutage in sogenannten christlichen Ländern auf ein Minimum reduziert und das schlechte Gewissen gerechtfertigt scheinender oder missbrauchter Religion ist weltweit offenkundig. Nur beim Islam kommt hinzu: Mit seinem Propheten Mohammed empfindet er sich als letzte und damit endgültige Offenbarung des Monotheismus. Daraus leiten die Muslime ein Überlegenheitsgefühl ab, das mit der Vorstellung einer unvergleichlichen Einzigartigkeit und Unüberbietbarkeit einhergeht. Der daraus entwickelte, gefühlte Stolz wird mit einer Art Trotz getragen und dies angesichts der vielfältigen Vorzüge, die in den demokratischen Industrienationen der sogenannten Ungläubigen deutlich sichtbar sind, und entpuppt sich als hybrid und in Hybris mündend. Daher auch die ständige Forderung nach Respekt. Und weil wir uns angewöhnt haben, auch abwegige Meinungen zu achten, hüten wir uns, die kritische Distanz zu unterschreiten, die eine Grenze zu spontanen Wutausbrüchen und lebensbedrohenden Aktionen bildet. Spott, wie ihn das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ rücksichtslos produzierte, muss jeden Moslem verletzen. Mindestens 36 Stellen im Koran befassen sich bereits mit dem Spott gegen den Islam. Es scheint also schon zur Zeit Mohammeds vor allem vonseiten der Christen üblich gewesen zu sein, über die Muslime zu spotten. Dadurch wurden und werden nicht nur die Gläubigen gekränkt, auch der Prophet Mohammed und damit sogar Allah. Als Strafe droht die Hölle. Der Gläubige handelt als Werkzeug im Sinne des Propheten und Allahs, wenn er den Spötter tötet und so in die Hölle schickt. Dies mussten die Hebdo-Journalisten doch gewusst und einkalkuliert haben, falls es nicht sogar von ihnen karikiert wurde. Es ist somit ihr Berufsrisiko. Der frevelhafte Übermut der Muslime trifft auf den ungläubigen Übermut der Charlie Hebdo-Spötter. Schließlich ist zu bedenken, dass der Spott als grenzenlose Bosheit und die Tötung eines Menschen als extreme Grausamkeit sich lediglich zueinander verhalten wie Theorie und Praxis.  

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