Wolfgang Aggensteiner 29. Juni 2016
Dr. Christian Boeser- Schnebel
Universität Augsburg
Universitätsstraße 2
86159 Augsburg
Zur oberen Hälfte der Seite 33 in der Nummer 123 der „AUGSBURGER ALLGEMEINEN“ vom Dienstag, dem 31. Mai 2016, unter dem Titel: „Er gibt Tipps gegen Stammtisch-Parolen“
Sehr geehrter Herr Christian Boeser-Schnebel,
Sie wenden sich in dem oben erwähnten Interview gegen „diskriminierende und pauschalisierende Sprüche“ und diskriminieren und pauschalisieren selbst, indem Sie einen Begriff, der einen Sachverhalt auf den Punkt bringt, kurzerhand abfällig als Stammtisch-Parole abwerten. Mit einer solchen Meinungsmache ist es nicht getan. Es muss argumentiert werden, wie Sie selbst behaupten, wobei ich einkalkuliere, „ein Teil des Problems“ zu sein, weil ich vermutlich aus Ihrer Sicht ein „geschlossenes Weltbild“ habe. Aber in den Zeiten der „offenen Gesellschaft“ spielt der Schließmuskel nur eine untergeordnete Rolle, wie ein begnadeter Kabarettist geäußert hat. Trotzdem möchte ich es mit Argumenten wenigstens versuchen. Ich-Botschaften spielen dabei eine wichtige Rolle!
Nun, ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass ich homophob bin, obwohl dieser Begriff nicht besonders präzis definiert ist. Nicht so glatt wie „homophob“ geht, um im Griechischen zu bleiben, das Wort „homoaidia“ von der Zunge: der Eckel vor Homosexualität. Ich gebe zu: Schon als Kind hat es mich angekotzt, wenn sich männliche Politiker des damals noch existierenden Ostblocks den sogenannten Bruderkuss gaben. Ich gestehe: Als ich ungefähr zwanzig Jahre alt war, sah ich zufällig, wie sich in einem Taxi zwei erwachsene Männer küssten. Ich war so angeekelt, dass ich mich beinahe hätte übergeben müssen. Jetzt bin ich 71 Jahre alt und esse sehr wenig bis gar nichts am Abend. Umso schlimmer ist mein Würgen, wenn sich Männer in einem Fernsehfilm küssen, wie dies am 15. April 2016 in der Krimiserie „SK Kölsch“ um 22.00 Uhr bei Polizisten der Fall war und zwar bereits im Vorspann. Am 04. Juni 2016 stand unter der Rubrik „Namen & Nachrichten“ der AUGSBURGER ALLGEMEINEN: „200 000 Menschen feiern Homosexualität“. Es ging um die „Gay-Pride-Parade“ in Tel Aviv. Der englische Begriff pride umfasst als Substantiv die Bedeutungen von Stolz über Pracht bis Hochmut und Dünkel, als Verb umschließt es die Tätigkeiten des Sich-Einbildens und Sichbrüstens. Man ist also einerseits stolz auf die erreichte Freizügigkeit und feiert sie, andererseits ist diese Vorstellung eine Einbildung, die einen so hochmütigen Dünkel hervorruft, dass er nur durch einen ständig wiederholten Missbrauch der Sexualität wie Gewohnheit und Normalität wirkt.
Bin ich homophob oder doch eher von homoaidia befallen?
Ich bekenne: Heute, in meinen reiferen Jahren, quält mich die nicht zwanghafte Vorstellung von überdimensionalen Stinkbomben, die in der Lage sind, Demonstrationen wie die in Tel Aviv oder die „Love Parade“ oder die am CSD aufzulösen. Bin ich homophob? Homophob bedeutet vermutlich, dass jemand Angst vor Homosexualität hat. Nein, Angst habe ich nicht davor, aber vielleicht bin ich ein so krankhafter Hetero, dass ich Abscheu empfinde, wenn ich Homos öffentlich tätig werden sehe oder wenn sie bekennend leicht bekleidet für ihre Rechte demonstrieren. Ich fühle mich verletzt in meinem Innersten, das ich neuerdings gar nicht mehr als normal zu bezeichnen wage. Ich habe das Bedürfnis, mich zu wehren gegen Zurschaustellungen, die ich als peinlich oder gar als widerlich empfinde. Ich möchte damit nicht behelligt werden. Unwillkürlich frage ich mich: Habe ich darauf eventuell sogar ein Recht?
Vielleicht könnte man sich so einigen:
1. Niemand darf wegen seiner sexuellen Vorlieben benachteiligt werden, solange er den Partner nicht seelisch oder körperlich schädigt.
2. Jeder Bürger sollte sich sicher fühlen können und nicht durch sexuelle Vorstellungen anderer belästigt oder majorisiert werden.
3. Keine sexuelle Einstellung darf andere gegen ihren Willen beeinflussen und so zu einem bestimmten Verhalten, Handeln oder Unterlassen drängen.
4. Keine sexuelle Vorliebe darf gegen ein Lebewesen oder eine Sache Handlungen richten, die Schaden zufügen oder Lebensmöglichkeiten mindern.
Darin steckt keine Feindschaft oder gar ein Hass gegen Homosexuelle, was auch unter Homophobie verstanden zu werden scheint. Die Frage an die Homosexuellen und ihre offiziellen – auch hauptberuflichen – Vertreter ist, um Monika Maron sinngemäß zu zitieren, ob sie ihre sexuelle Einstellung mit den Voraussetzungen einer säkularen, freiheitlichen Gesellschaft vereinbaren können und wollen, ohne diese gerade in ihrem säkularen und freiheitlichen Verständnis immer wieder herauszufordern. Religion und Sexualität sind in der freiheitlich demokratischen Grundordnung Privatsache. Die Umgestaltung des Alltags und der Öffentlichkeit durch den Einfluss der Homosexuellen vor allem auf die Medien, aber auch auf Schulen und schließlich wohl auch Kindergärten stellt eine Form der Gewalt dar durch eine Minderheit, der die gesetzlich garantierte sexuelle Freizügigkeit nicht genügt.
Nun hat nach Angaben der „AUGSBURGER ALLGEMEINEN“ in dem Artikel vom 28.06.2016 auf der Seite 6 unter der markanten Überschrift „Der Papst und die Schwulen“ von Julius Müller-Meiningen Papst Franziskus während einer sogenannten „fliegenden Pressekonferenz“ über Homosexuelle gesagt: „Man könne „diese Personen“ (...) verurteilen für „politisches Verhalten, für gewisse Demonstrationen, die für andere eine Zumutung sind“. Wenn von Homosexuellen Einfluss auf Politiker ausgeübt wird, ist dies Lobbyismus in des Begriffs ursprünglichster Bedeutung und die Zumutung durch mehr als schrille Demonstrationen ist nicht nur eine Frage des guten Geschmacks, sondern schlicht und einfach peinlich. Auch diese Zurschaustellungen werden von einzelnen Personen oder Personengruppen organisiert, die ebenfalls als Lobbyisten verstanden werden können. Man muss gar nicht das Stammtisch-Prekariat bemühen, um auf den Begriff Homo-Lobby zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen