01 Oct
01Oct

 Wie sicherlich längst bekannt ist, hat der Tierschutzbund wesentlich mehr Mitglieder als der Kinderschutzbund. Woran liegt das? Ein Tier kann angeschafft und abgeschafft werden, was mit einem Kind nicht so einfach ist. Ein Bruchteil nur der Mühe und Aufmerksamkeit, die für ein Kind nötig ist, genügt für ein Tier. Vielleicht ist die begrenzte Erziehung, die für ein Tier nötig ist, das, was es attraktiv macht, sich ein Tier zuzulegen. Die Pädagogik, die für ein Kind aufgewendet werden muss, ist wesentlich komplizierter und durch viel mehr gefährdet als für ein Tier. Der junge Mensch muss begleitet und gefördert werden und die besten erziehlichen Intentionen können scheitern durch Einflüsse beispielsweise der Peer-Group, die nur schwer abzuschätzen sind. Falls es gelungen ist, die zwei Hauptgefahren von einem Heranwachsenden fernzuhalten: erstens die Anschaffung eines motorisierten Zweirades und zweitens irgendeiner Suchtgefahr anheimzufallen, ist noch lange nicht gesichert, dass aus dem Jugendlichen ein brauchbares Mitglied der Gesellschaft wird. Ist etwa das Abitur geschafft, kann der eingeforderte Freiraum nach so viel Zwang ebenfalls süchtig machen und das das für eine Weltreise genützte Freijahr kann in Indien enden in der seelisch, geistigen und schließlich auch körperlichen Selbsterfahrung, aus der sich der Einzelne oft nicht mehr befreien kann, sosehr die Befreiung des Selbst vielleicht das Ziel gewesen sein mag. Gescheiterte Existenzen sind immer möglich – so und so. Vielleicht sollte es das Hauptziel der Erziehung sein, dass der junge Mensch souverän im Leben stehen kann und das meistert, was kommt, ohne zu scheitern.  

  Falls die Erziehung eines Tieres scheitert aufgrund der Fehler des Tierhalters oder, was von den edlen Tierschützern grundsätzlich verneint wird, aufgrund eines Charakterfehlers des Tieres, neigen katastrophäre Entwicklungen zu radikalen Lösungen. Im Fall des Hundes (...), der in einer Wohnung gehalten seinen Aggressionsstau abreagierte, indem er seinen Halter und dessen Mutter totgebissen hat, ist wohl wirklich der Halter selbst schuld. Der Tierschutz konnte nur kurz triumphieren. Die zuständigen Behörden ordneten die Einschläferung des Hundes an. Sympathisanten dieses Tieres äußerten Todesdrohungen gegen das anordnende Amt. Dies ist allerdings zu relativieren: Welche Anordnung findet heutzutage nicht Sympathisanten und Gegner?

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